1. Jahresrückblick

Auch in diesem besonderen Jahr konnten die Mitarbeiter der SH in allen Arbeitsbereichen ganz, teilweise oder mit Sondergenehmigungen und einigen Einschränkungen arbeiten. 

Die aufsuchende Obdachlosenarbeit konnte bis Ende März ohne Einschränkungen in den 37 Straßengruppen mit 221 Obdachlosen durchgeführt werden. Ab April wurden alle Obdachlosen von beiden Stadtverwaltungen in große COVID-Lager, meist Fußballstadien, untergebracht und mit allem Lebensnotwendigen versorgt. Die Unterbringung geschah nicht immer ganz freiwillig und wer einmal das Stadion von innen gesehen hatte, für den gab es keinen Ausweg aus diesem mehr. Im Oktober wurden die Auffanglager langsam geschlossen. Seitdem verzeichnen wir bei der Armenspeisung sehr viel mehr hungrige Menschen. Innerhalb von 2 Wochen hatten wir zudem mehrere Anfragen bzgl. einer Entzugstherapie.

Die Armenspeisung musste auf Grund der lange andauernden Ausgangssperre 3 Monate ausgesetzt werden. Zum Neustart der La Pazer Tafel im Juli kamen zunächst nur 30 Personen, inzwischen kochen wir aber wieder durchschnittlich für mehr als 80 Personen, die einmal wöchentlich eine warme Mahlzeit mit einem leckeren Nachtisch, motivierende, mutmachende Gedanken – und seit Ende September – auch wieder medizinische Betreuung bekommen.

Das Rehabilitationszentrum für Männer war von der Pandemie am meisten betroffen. Da unsere 14 Rehabilitanden, die bis zum Ausbruch Mitte März im Zentrum gewohnt hatten, als Menschen mit hohem Risiko eingestuft werden mussten, beschlossen wir keine weiteren Personen aufzunehmen, da die allermeisten Obdachlosen mit Suchterkrankung ja in die Auffangstationen gebracht und interniert worden waren. Von den 14 Männern verließen 9 die Therapie vorzeitig. Dies geschah meist aus Sorge um ihre Familie, die eingeschlossen in ihrem angemieteten Zimmer ohne Verdienstmöglichkeit und Lebensmitteleinkauf viele Wochen versuchten zu überleben. 2 der 9 Männer sind weiterhin trocken und tatsächlich zu ihrer Frau oder den eigenen Eltern zurückgekehrt. 5 der 14 Personen haben ihre Rehabilitation erfolgreich abgeschlossen und eine SH-interne Wiedereingliederungsmaßnahme in die Arbeitswelt abgeschlossen. 2 dieser Männer arbeiten momentan als Maurer bei den Um- und Anbaumaßnehmen des SH-Hauses. Ein 2. Stock mit individuellen Schlafzimmern und Toiletten für neue Rehabilitanden ist im Entstehen. 

Skatehaus: Alle öffentlichen Parks, so auch der Skaterpark, wurden von der Stadtverwaltung Ende März geschlossen und durften bis heute nicht wieder eröffnet werden. Daher konnten nur in den ersten 3 Monaten Unterricht und Workshops angeboten werden, insgesamt 34 Trainingsstunden und 7 Workshops. 

Aufsuchende Familienarbeit: Am 30.03. konnten wir bei den ersten 16 Familien unsere Care-Pakete vorbeifahren, welche die Familien, jeweils abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse,  mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Gasflaschen, Internet (für den virtuellen Unterricht) und Medikamenten versorgten.  Ab April übernahm die Soforthilfe die Mietzahlungen der zu Miete wohnenden Familien, um diese vor der Obdachlosigkeit zu bewahren. Sie hatten nackte Angst und fühlten sich hilflos ausgeliefert. Unser Kommen gab ihnen Hoffnung. 

Schnell stieg die Zahl der hilfsbedürftigen Familien auf 37 Familien und 135 Personen, davon 98 Kinder. In einem der Frauengefängnisse, zu dem wir trotz Pandemie Zugang bekamen, wurden Mütter mit deren Kindern, aber auch 16 Kinder versorgt, die ohne Elternteil an die Gefängnispforte eilten, um ihre kindgerechten Care-Pakete zu erhalten.

Insgesamt konnten wir bis Anfang November über 780 Care-Pakete packen und verteilen. Diese enthielten zahlreiche Überraschungen: So beispielsweise für Kinder Rätsel, Früchte oder Süßigkeiten oder für Geburtstagskinder allen Alters Kuchen sowie kleine Geschenke. Hinzu kamen mutmachende Briefe und Karten. Viele Paten waren unsere besten und treuesten Partner: mit liebevoll gestalteten Briefen, einfühlenden, aufbauenden Worten, wunderschönen Fotos, lustigen und informativen Rätseln und vielen Sonderspenden haben sie das Projekt lebendig, herzlich und authentisch werden lassen. Herzlichen Dank.

Mitte November bis Mitte Dezember wird den Familien, d.h. den Schülern, staatliche Hilfe zuteil in Form von einer kostenlosen Lebensmittelvergabe. Das entlastet uns zumindest für einen Monat von den hohen Ausgaben.

Patenschaften: 2020 stieg die Zahl unserer Patenschaften weiterhin an. Gerade heute ist ein 12-jähriges Mädchen dazugekommen. Das sehr schüchterne Mädchen, das die 5. Klasse beendet, aber große Schwierigkeiten beim Schreiben hat, schrieb mit Hilfe ihrer Mama unter großen Mühen einen kleinen Brief an den/die zukünftige/n Paten:In, in der Hoffnung bald Patenkind zu sein. Der Vater des Kindes sitzt seit vielen Jahren im Gefängnis und wird wohl noch mindestens 10 Jahre dort verbringen müssen. Der ältere Bruder ist bei einem häuslichen Unfall ums Leben gekommen, die ältere Schwester leidet unter einem noch nicht verarbeiteten Trauma und die älteste Schwester ist geistig behindert. Dazu kommt die schwere rheumatische Erkrankung der Mutter, die kaum noch ihre verkrümmten, schmerzenden Finger bewegen kann.

Wer ein bolivianisches Kind als Patenkind annehmen kann und möchte, schreibe mir bitte unter paten@soforthilfe-lapaz.org

Gefängnisarbeit: Jugendgefängnisse, Männer-, und eines der 2 Frauengefängnisse sind völlig abgeriegelt. Dies gilt selbst für uns, die wir jahrelang mit diesen Institutionen zusammengearbeitet haben. Wir hoffen sehr, dass sich 2021 die Pforten wieder öffnen.

Kinderheim Minka: 

Mit den dort lebenden 16 missbrauchten Mädchen zwischen 9 und 17 Jahren zu arbeiten, diese besuchen und ein bisschen Farbe in ihr tristes Leben bringen zu können, war ein Geschenk des Himmels. Ende 2019 und Anfang 2020 mussten wir mit Hilfe des Jugendamtes 4 Mädchen aus ihrer (Stief)Familie herausholen; sie litten unter Gewalt und Missbrauch. Das Sorgerecht wurde den (Stief)Eltern nach langem Tauziehen entzogen. So kamen wir in Kontakt mit dem Kinderheim Minka und den dort lebenden Mädchen. Seit Mitte Juli können wir einen ganzen Vormittag wöchentlich mit ihnen verbringen. Herausfordernd, nicht ganz einfach, aber erfüllend.

Wir sind froh und dankbar, dass wir uns entschieden haben, in dieser Pandemie weiterzuarbeiten und nicht, wie manch andere Organisation, die Arbeit ruhen zu lassen. Rückblickend auf die letzten Monate können wir sagen: Es hat sich wirklich gelohnt am Ball zu bleiben und mit den vielschichtigen Veränderungen eine etwas andere, aber nicht weniger wichtige Arbeit aufzubauen und ins Leben zu rufen. 

Wir sagen Danke zu Gott, der selbst immer am Arbeiten, Schenken und Helfen ist.

Wir sagen Danke zu Euch, liebe Freunde, Beter, Spender:Innen für alle kreativen Ideen und Anregungen. Danke für eure Anteilnahme, euer Mitdenken und die zahlreichen E-Mails, WhatsApp-Nachrichten und Briefe. DANKE.